1919-1945
Der Verein im Zeitraum von 1919 bis 1945
Am 6. März 1919 fand die erste Zusammenkunft des MGV Naundorf nach dem Kriege statt. 18 Mitglieder, aktive wie passive, fanden sich ein. Der Verein und der Vorstand standen allerdings vor großen Problemen. Auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Arbeitslosigkeit, Nahrungsmangel, Geldentwertung, politische Instabilität u.a.), des Kampfes fast jeder Familie um existenzielle Fragen war es schwer, den Verein zusammenzuhalten und es stand manchmal die Frage des Aufgebens. Letztlich entschied man sich, für uns heute zum Glück, zur Fortsetzung der Vereinsarbeit, wenn auch die Phase der Konsolidierung (Festigung) bis in die Jahre 1925/26 andauerte.
Mit den Neuwahlen am 7. Mai 1925, wurde der Glasermeister Arno Mann neuer Vorsitzender. Den langjährigen Kassierer, Wilhelm Obenaus, verabschiedete man aus Altergründen mit einem herzlichen Dank. Er hatte 38Jahre (!) in dieser ehrenamtlichen Funktion gewirkt. Mit der Anmeldung von 8 Mitgliedern des MGV Liederkranz Großenhain erhielt der Chor eine erhebliche Verstärkung. Damit war in diesem Jahr der Grundstein gelegt für eine neue Blütezeit des Vereins, als fester Bestandteil des kulturellen Bereiches des Ortes und darüber hinaus.
In den Jahren 1926-1932 gab es dann ein reges Vereinsleben mit Konzerten, Sängerfahrten, Kinderfesten, Teilnahme an Sängerfesten und vielen anderem. Die Chorchronik gibt darüber nähere Auskunft.
Ein Ereignis sei näher genannt bei dem die Naundorfer aktiv mitmischten. Es war das 23. Sängerfest des Sängerbundes Meißner Land am 27./28.6.1931, das nach den Jahren 1864, 1880 und 1912 zum vierten Male in Großenhain stattfand und wie sich später zeigte für über 60 Jahre das letzte! Es wurde mit einem Fackelzug zu Ehren Paul Gläsers (22.3.31 - 60.Geburtstag), einem Hauptkonzert, einem Stunden- und Kirchenkonzert, den Festzug sowie einem Sänger-Kommers (Vergnügen) opulent begangen und von Hunderten von Sängern sowie Gästen, die in Großenhain weilten, zu einem großen Erfolg gestaltet. Veranstaltungsort war im Ãœbrigen eine große Flugzeughalle auf dem Flugplatz Großenhain.
Doch bald ging der Alltag im MGV weiter und auch die gesellschaftlichen Probleme dieser Jahre schlugen sich im Chor nieder. So waren am 1.11.1933 von 49 Sängern - 16 arbeitslos (fast 33 %!).
Am 30.1.1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler berufen. Damit war er Weg frei für die NSDAP (Nationalsozialistische Arbeiterpartei) als alleinige Staatspartei, sie konnte in den Folgejahren die Durchsetzung ihrer Ziele konsequent verfolgen. Für die Vereine, die Kultur und das Geistesleben insgesamt, bedeutete das, dass zwar nicht sofort, aber Schritt für Schritt die Gleichschaltung und Ideologisierung zunahm und sich durchsetzte. Mit der Festigung ihrer politischen Macht erfolgte auch eine Zentralisierung aller Strukturen, so unter anderem die Auflösung der Länderverwaltungen und des Sächsischen Sängerbundes. In der Folge war dann der MGV Naundorf z.B. unter folgender Gliederung erfasst: Deutscher Sängerbund, Sängerbund XX Sachsen, Sängerkreis 4 Meißner Land, Gruppe I (Großenhain), Verein Nr. 14.
Trotz neuer Bezeichnungen änderte sich vorerst in den Programmen und Jahresabläufen der Vereine noch nicht sehr viel. In Naundorf prägte weiterhin Unterhaltungsabende, zumeist mit Theateraufführungen, Faschingsveranstaltungen, Teilnahme an Sängerfesten und Jubiläen, Ausflüge und natürlich die wöchentliche Singestunde die Vereinsarbeit. Vor dem MGV Naundorf stand dann 1934/35 vor allem die Aufgabe, das 50-jährige Jubiläum der Vereinsgründung gut vorzubereiten. Am 1./2. Juni 1935 fand das Fest mit vielen Gästen statt und wurde ein guter Erfolg. An der Programmzusammenstellung hatte wieder der Ehrenliedermeister Paul Gläser mitgewirkt. Hatte dieses 50-jährige Jubiläum noch mit relativer Selbständigkeit des Vereins gestanden, so wurde in den kommenden Jahren der zentralistische und ideologische Druck immer stärker. So mussten ab 1937/38 die zu spielenden Theaterstücke vor der Kreisleitung der NSDAP und der Stadtverwaltung genehmigt werden. Es wurden alle Vereine angewiesen: Vorstandschaft muss in NSDAP sein, nichtarische Leitungsmitglieder und Dirigenten müssen die Ämter niederlegen, Führerratssitzung statt Vorstandssitzung, unter Schriftverkehr die Unterschrift Heil Hitler - Der Führer und anderes.
Als der von den Nazi-Machthabern vom Zaune gebrochene Krieg nach Anfangserfolgen langsam aber sicher zu seinem Ausgangspunkt zurückkam, verschärfte sich der Druck weiter. So wurden die Zusammenlegungn von Vereinen (kein Verein unter 40 Sänger), in kleineren und mittleren Orten angewiesen. Es wurde nur noch 1 Männergesangverein und 1 Gemischter Chor zugelassen und weitere Auflagen diktiert. Bald wurde jeder wehrfähige Mann (bis 45 Jahre) zur Wehrmacht eingezogen, was natürlich Auswirkung in den Männerchören hatte. In der Bestandserhebung vom 24.5.1941 wurden z.B. bereits 19 von 41 im MGV Naundorf als Angehörige der Wehrmacht gemeldet, der Rest waren Rentner. Die letzte Hauptversammlung fand am 27.5.1943 statt und die letzte Veranstaltung ist für den 26.9.1943 nachweisbar, wo der MGV Naundorf im Block der Männerchöre an einem WHW (Winterhilfswerk)-Konzert im Sachsenhof mitwirkte.
Wie bereits im 1. Weltkrieg, so musste auch im 2. Weltkrieg eine große Anzahl (11) junger hoffnungsvoller Männer aus dem MGV Naundorf ihr Leben in einem Krieg, der von den Führern Nazi-Deutschlands verursacht war, lassen. Ihr Tod soll uns immer Mahnung und Vermächtnis sein!